Unser Nachbar, die Schweiz, bekennt sich zur wahren Demokratie, wie sie in attischen Stadtstaaten kultiviert wurde, als auf dem Markt alle Bürger zusammenkamen um über Gesetzesvorlagen durch das Abgeben von Scherben abzustimmen.

Attische Tradition
juso_abstimmungEine solche Verfahrensweise braucht Mut, Vertrauen und Vorbereitung. Mut, denn hier votiert im Rahmen einer sogenannten Urabstimmung nicht ein Parlament, dessen Entscheidungen kundige Markt- und Meinungsforschungsinstitute vielleicht noch einigermaßen vorhersagen können, sondern das Volk, also der Bürger dort draußen, auf der Straße. Vertrauen, weil man eine politische Entscheidung dem Bürger anvertraut und nicht durch entsprechend sach- und fachkundige Berater, aber oft auch durch lobbyistische Motive getriebene Abgeordnete über Gesetzesvorlagen abstimmen lässt. Und schließlich Vorbereitung, da man dem Bürger als Entscheidungsvorlage den betreffenden Gesetzesentwurf möglichst plausibel und mit Pro und Contra erklären muss. In Deutschland wäre eine solche Urabstimmung über Gesetzesvorlagen undenkbar. Dies sei nicht machbar, zu aufwändig und zu langwierig, so lauten die Begründungen, ein Verfahren abzuschmettern, das sich bislang lediglich die SPD zu praktizieren wagte, als es um die Frage ging, ob man der großen Koalition nun beitreten soll oder nicht. Angesichts moderner Medien und Kommunikationsmittel, wie beispielsweise Brief, Fax, SMS, Chat oder E-Mail, wäre die Durchführung einer solchen Urabstimmung, bei der das Volk entscheidet, auch in der Bundesrepublik umsetzbar. Die pauschale Abwehr des Verfahrens kann dabei nur Zweierlei bedeuten: Entweder haben die Verantwortlichen Angst davor, wie das Volk votieren würde oder aber man befürchtet, der Bundestag würde dadurch am Ende überflüssig werden, was zur Einsparung immenser öffentlicher Mittel und deren sinnvoller Verwendung führen könnte.

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Abstimmungen in der Schweiz gibt es seit 1971. Die Themen, über die dabei befunden wurde, waren Staats-, Außen- und Sicherheitspolitik, Wirtschaft, öffentliche Finanzen, Infrastruktur und Lebensraum, Sozialpolitik sowie Bildung, Kultur und Medien. Von 1971 bis 1980 gab es laut eidgenössischem Bundesamt für Statistik 81 Abstimmungen in der Schweiz. Von 1981 bis 1990 insgesamt 64 Volksabstimmungen. Von 1991 bis 2000 bereits 105, von 2001 bis 2010 80, von 2011 bis 2013 24 Volksabstimmungen in der Schweiz. Auch im Jahre 2014 stimmten die Eidgenossen bereits ab. Am 9. Februar hatten die Schweizer über 3 wichtige Themen zu entscheiden. Über Finanzierung und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur, über die Initiative “Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache” sowie über die Initiative “Gegen Masseneinwanderung”. Schade, dass solche Dinge in Deutschland undenkbar sind! Es genügt nicht, nur über Demokratie zu reden, man muss sie leben! Oder mit den Worten von Willy Brandt: “Wir wollen mehr Demokratie wagen!”